Liebe Leserin, lieber Leser,
Regierungen werden alle vier Jahre neu gewählt. Selten hält es ein Bundeskanzler länger als acht Jahre aus. Fester als die Sessel heutiger Politiker stehen die Throne in den Monarchien. Die Dynastie der Habsburger zum Beispiel hat Teile Europas seit dem 12er-Jahrhundert bis 1918 beherrscht. Dann war auch ihre Zeit abgelaufen.
In diesen Kategorien denkt das Buch Daniel, dem der Wochenspruch für August entnommen ist: Die Juden leben Mitte des 1er-Jahrhunderts v. Chr. in einer schlimmen Zeit. Der syrische König Antiochus, dem sie unterstehen, versucht mit Gewalt die jüdische Religion abzuschaffen. In dieser Zeit kommt ein älteres Buch zu neuen Ehren, das sich auf einen sagenhaften Weisen der Vorzeit, Daniel, beruft. Die Handlung spielt ein paar Jahrhunderte vorher, während der "babylonischen Gefangenschaft", als die Vorfahren der Juden nicht nur unter fremder Herrschaft, sondern sogar in einem fremden Land leben mussten und mancherlei Repressalien ausgesetzt waren. Das Buch macht den damaligen Lesern klar:
Jesus hat dieses Thema zum Inhalt seiner Verkündigung gemacht: Das Reich Gottes, von dem Daniel träumt, hat angefangen. Jesus versteht sich als Menschensohn, ein Himmelswesen. Im Johannesevangelium diskutiert Jesus mit Pilatus seinen Herrschaftsanspruch und stellt fest: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Jesus hat seinen Daniel gründlich studiert.
Mit "Herrschaft" und "Reich" können wir Modernen nichts mehr anfangen. Diese Wörter sind seit 1918 und 1945 unmöglich geworden. Wie sollen wir denn heute den Monatsspruch verstehen? Sagen wir's so: Jesus hat der Liebe universale Geltung verschafft. Gott ist Liebe und wenn wir lieben, ist Gott wirksam oder "herrscht" Gott. Das hat Jesus gewollt, das haben die Apostel bestätigt. Setzen wir's um in unser Leben und in unsre kleine Welt!
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Tischner