Wort für den Monat Mai 2006

Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. (Galater 3,26)

Liebe Leserin, lieber Leser,

"sei doch nicht kindisch und werde endlich erwachsen!" Wie oft haben wir das gehört, wie oft zu anderen gesagt. Kindisch, das ist Dummheiten machen, weil man's nicht besser weiß. Ein Erwachsener besinnt sich, bevor er etwas beginnt. Kindisch, das ist ohne Verpflichtungen sein und von anderen abhängig. Ein Erwachsener übernimmt Verantwortung für sich und andere. Kindisch sein, das ist auch naiv und leichtgläubig sein. Ein Erwachsener ist kritisch und lässt sich kein X für ein U vormachen.

Paulus erinnert uns daran, dass wir Kinder Gottes geworden sind im Glauben an Jesus Christus und geht im Monatsspruch genauer auf dieses Bild ein. Es bedeutet für ihn dreierlei:

  1. Ihm schweben die damaligen Verhältnisse vor Augen: In einem Haushalt wuchsen Sklavenkinder zusammen mit den Kindern des Hausherrn auf. Man merkte kaum einen Unterschied. Ein strenger Hauslehrer erzog sie. Wenn sie Dummheiten machten, bekamen beide Ohrfeigen. Wenn sie etwas tun wollten, mussten beide um Erlaubnis fragen. Später erhielten die freien Kinder Rechte und Pflichten der Erwachsenen, die Sklavenkinder blieben weiter unmündig und unselbständig. Wirklich selbständig konnten nur die Kinder des Hausherrn werden. Die Kinder von Sklaven blieben Sklaven. Es sei denn, der Hausherr adoptierte eins von ihnen.
    Durch die Taufe sind wir Kinder Gottes geworden. Wir sind das nicht durch unsre Geburt, sondern durch Adoption. Gott hat uns als seine Kinder angenommen. Damit sind wir frei, können frei entscheiden und selbständig leben.
  2. Als Kinder brauchten wir Regeln und Maßstäbe. Das lernten wir nur so, dass wir zunächst die Vorschriften der Erwachsenen wörtlich befolgten und den Anordnungen gehorchten. Mit zunehmendem Alter haben wir nicht nur die Regeln gelernt, sondern uns auch die Denkweise zu Eigen gemacht, die dahinter steht. Nun können wir nach bestem Wissen und Gewissen selbständig handeln. Wir brauchen den Lehrer mit seinem erhobenen Zeigefinger nicht mehr.
    So ist das auch in unserm Glaubensleben: Gott hat uns als seine Kinder angenommen. Das ist aber nur der Anfang, die Adoption. Mit Taufe oder Bekehrung sind wir ja noch nicht fertig mit unsrer Entwicklung, sondern wir haben noch einen weiten Weg vor uns, biss wir auch im Glauben erwachsen sind und unserm Gewissen folgen können.
  3. Die Kinder des Hausvaters waren nicht nur frei, sondern auch erbberechtigt. Die Kinder von Staatsbürgern erben das Bürgerrecht. Kinder vermögender Eltern den Reichtum, Königskinder das Königreich. Als Kinder Gottes haben wir Anteil am Reich Gottes hier schon auf der Erde und an Gottes ewigem Leben in einer anderen Welt.
    Das Reich Gottes ist geprägt von der Liebe, die wir jetzt schon in unserem Leben verspüren und Wirklichkeit werden lassen dürfen. In der Liebe erfahren wir Gott. Denn sein Wesen ist Liebe.

All das steckt in dem Bild vom Kind Gottes. Nachzulesen Galater 3,25-29.

Mit freundlichen Grüßen

H. Tischner