Nacht der offenen Kirche 2013

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Am 22. März, dem Freitag vor Palmsonntag, war es wieder soweit. Zum achten Mal lud der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) Reinheim e.V. in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirchengemeinde zu einer Nacht der offenen Kirche ein. Sie stand unter dem Motto "Ich habe einen Traum". Unter dieser Überschrift - nach dem berühmten Wort des US-amerikanischen Pfarrers Martin Luther King "I have a dream" - steht ja auch die gegenwärtig laufende Predigtreihe in Ueberau.

Pfarrerin Obermann hatte bereits bei den Vorbereitungen aktiv mitgewirkt, daraus ergab sich eine engere Verzahnung zwischen CVJM und Gemeinde. Zwar haben Pfarrer und Posaunenchor schon bei mancher Nacht der offenen Kirche mitgewirkt, aber in diesem Jahr waren auch Dekan, Organistin, Kirchenvorstand, Frauenhilfe, Konfirmanden und mehrere Gemeindeglieder beteiligt.

StockbrotBeim offenen Beginn der Nacht gegen 18 Uhr konnte an einem kleinen Feuer hinter der Kirche Stockbrot gebacken werden. Im Inneren der Kirche war der hintere Teil durch Pinnwände, Fotowände und Paramente abgeteilt. Zur Information lagen christliche Zeitschriften, das "Glühwürmchen" und Freizeitprospekte vom CVJM Reinheim aus. Hier boten Konfirmanden Getränke und die von der Frauenhilfe vorbereiteten Schnittchen an. Das Angebot überstieg die Nachfrage, und so konnten auch Späterkommende bis zum fortgeschrittenen Abend satt werden.

Gegen 19.30 Uhr, dem Beginn des Podiumsgesprächs, war die Kirche unten so voll, dass kaum noch ein Platz zu finden war. Das Thema hieß passend zum Motto "Mein Traum von Kirche" und Teilnehmer waren Dekan Joachim Meyer (Groß-Umstadt), Barbara Fritzsche (Gemeindeberaterin, Roßdorf), Christina Schalle und Karola Schüßler (Ueberau) sowie Andreas Fetzer (CVJM Bickenbach). Moderiert wurde das Gespräch von Pfarrerin Obermann, die wegen stimmlicher Probleme von Harald Genrich (Kirchenvorstand, Ueberau) unterstützt wurde.

Mein Traum von KircheInhaltlich ging es um grundsätzliche Fragen, aber auch um ganz praktische Anregungen: In manchen Gemeinden ist weniger von Traum als vielmehr von Albtraum die Rede. Vieles ist im Umbruch, aber die Christen sollten sich an ihre Stärken erinnern und fragen: "Was brauchen die Menschen heute?" - Ein Traum wäre eine Kirche aus evangelischen und katholischen Christen. - Kirche sollte einladend wie ein Gasthaus sein, aber sie ist mehr: Wir beten zusammen! - Ein bewusstes Leben mit Gott führt zu einer engeren Gemeinschaft in der Gemeinde. - Im Gottesdienst sollte das Wirken des Geistes Gottes spürbar sein. - Wir Christen sollten vor allem auch in den Familien den Glauben weitergeben. - Alte Gemeindeglieder sollten öfter besucht werden. In Bickenbach wird eine Gemeindepädagogin für Altenarbeit auf Spendenbasis finanziert. - Die ehrenamtliche Mitarbeit hat große Bedeutung in der Gemeinde. Es darf aber nicht alles auf die Rücken weniger Mitarbeiter abgeladen werden. Wir dürfen uns auch zurückziehen. Die vielfältige Mitarbeit in der Gemeinde entspricht den Blütenblättern einer Blüte: Jesus ist in der Mitte. - Schon das Mitteilen unserer Träume ist hilfreich für alle.

Zum Schluss kamen aus der Gemeinde noch Ergänzungen: Die Kirche sollte öfter geöffnet sein. - Neue Gemeindeglieder könnten offiziell vorgestellt und Leidtragender könnte besonders gedacht werden. - Den Glauben leben, dann wird Kirche attraktiv.

Diese Gesprächsrunde hätte noch länger dauern können. Es schlossen sich noch zahlreiche private Gespräche an. In einer weiteren Nacht der offenen Kirche könnten solche Podiumsgespräche fortgesetzt werden.

Nach einer kleinen Umbaupause folgte das sehr schöne Konzert des Evangelischen Posaunenchores Ueberau, das wieder zahlreiche Besucher angelockt hatte. Wie üblich, stellte Dirigent Thomas Borger eine ganze Reihe neuer bzw. noch lernender Spieler mit seinem gekonnt trockenen Humor vor. Es gab viel Applaus.

KlangraumNach einer Pause für Brezel, Wein und Gespräche begann gegen 22 Uhr das Klangschalenkonzert "Kirche wird zum Klangraum". Von Conny Henning und ihren drei Mitspielerinnen wurde mit zahlreichen großen und kleinen Klangschalen und Gongs meditative Musik geboten. So nahmen sie u.a. Verse aus Psalm 85 (Könnte ich doch hören, was Gott redet…), 1. Mose 28 (Die Himmelsleiter), Psalm 126 (Wenn Gott die Gefangenen Zions erlösen wird…) und Offenbarung 21 (Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde…), gelesen von Gerrit Langenbruch, lautmalerisch auf und vertieften sie. Es gab einzeln oder kombiniert vorgetragene Wechselspiele und Nachspiele, unterbrochen von Zeiten absoluter Stille. Es war beeindruckend, wie der weite Kirchenraum auch durch einen einzelnen Gong gefüllt werden kann.

Taizé-AndachtSpäter folgte die Taizé-Andacht in dem mit Kerzenkreuz festlich geschmückten vorderen Teil der Kirche, gestaltet vom CVJM-Teenkreis. Die zahlreichen, teils bekannten, teils unbekannten Lieder und Gesänge in unterschiedlichen Sprachen - wie in Taizé üblich zur Meditation jeweils mehrfach wiederholt - wurden von Organistin Frau Schmidt am Keyboard begleitet. Die eingeschobenen biblischen Texte (aus Psalm 126 und Jesaja 11) wurden teils in vier Sprachen (deutsch, englisch, spanisch, portugiesisch) von jungen Erwachsenen gelesen, von denen einige schon mehrfach das Kloster Taizé in Südfrankreich besucht haben. Die besinnliche Andacht schloss mit einem ausführlichen Fürbittengebet, dem gemeinsamen Vater unser und dem Segen.

MitternachtsmahlAls Mitternachtsmahl gab es für die noch verbliebenen etwa 25 Teilnehmer eine sehr schmackhafte, aber auch sättigende Gemüsesuppe, die der CVJM-Kassenwart Florian Tischner gezaubert hatte.

In der "Märchenzeit für Erwachsene" gegen 01:00 Uhr folgten dann "Märchen vom Träumen und Wünschen". Gerrit Langenbruch hatte vier Märchen ausgesucht: Er begann mit einer jiddischen Legende, nach der die nackte Wahrheit bei den Menschen unbeliebt ist. Zieht sie aber die bunten und schönen Kleider des Märchens an, so wird sie von den Menschen geliebt und geachtet. - In einem weiteren Märchen ging es um drei Wünsche, die durch unüberlegtes Handeln vertan werden. Im folgenden "Märchen vom Glück" verabschiedete sich die Hauptperson von ihrem Gegenüber: "Den letzten Wunsch habe ich vierzig Jahre nicht angerührt. Manchmal war ich nahe daran. Aber nein. Wünsche sind nur gut, solange man sie noch vor sich hat." "Der Garten der Träume" von Gidon Horowitz beschloss die Märchenzeit und erzählte vom Finden und Gestalten des eigenen Lebensgartens.

MärchenGegen 02:00 Uhr waren manche Kirchenbesucher schon recht nahe an ihren eigenen Träumen und hielten mit Mühe die Augen offen, als unser CVJM-Vorsitzender Clemens Tischner in den Nach- bzw. Nachtgedanken das Thema "Träume" noch einmal aufnahm: In der Bibel wird berichtet, dass einzelne Menschen in ihren Träumen Anweisungen bekamen, wie z.B. Josef, der mit Maria und Jesus vor Herodes nach Ägypten fliehen sollte. Und wenn Träume unklar waren, gab es Personen wie den anderen Josef in Ägypten, der die Träume des Pharao deuten konnte. Das, was Martin Luther King als Traum beschreibt, war eher eine Vision, so wie der Text aus Jesaja 11, in dem paradiesische Zustände beschrieben werden. Die Fehler, die Adam und Eva im ersten Paradies gemacht haben, und das, was jeder von uns heute falsch macht, können durch Jesus gelöscht werden. Das Paradies wird wieder geöffnet und unsere Entfernung von Gott entfernt.

Mit einem Abendsegen ging eine schöne, eindrucksvolle, aber auch besinnliche "Nacht der offenen Kirche" zu Ende. Allen Mitwirkenden sei auch an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön gesagt.

Gustav Langenbruch, Clemens Tischner