Monatsspruch März 2016

Jesus Christus spricht: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! (Johannes 15,9)

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Liebesgebot "Du sollst deinen Nächten lieben wie dich selbst" (Levitikus 19,18) zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Bibel. Es wird siebenmal im Neuen Testament zitiert. Schon bei Mose wird ausdrücklich gesagt, dass das Liebesgebot auch gegenüber Ausländern gilt (Levitikus 19,33.34; Deuteronomium 10,19). Micha 6,8 fasst den Willen Gottes zusammen mit den Worten "Gottes Wort halten, Liebe üben, demütig sein vor Gott". Hosea 6,6 betont, dass gottwohlgefälliges Tun Liebe ist, nicht Opfer. Auch mit anderen Worten (Barmherzigkeit, Treue) weisen die Propheten immer wieder auf unsre Verpflichtung zu liebevollem, mitfühlendem und verlässlichem Verhalten hin, sogar dem Feind gegenüber (Sprüche 25,21). Schon Mose wusste, dass Gott "barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue ist" (Exodus 34,6).

Jesus bringt also nichts Neues, wenn er das Liebesgebot zum wichtigsten Gebot erklärt, auf die Feinde ausweitet (Mattäus 5,44) und mit der Liebe zu Gott gleichstellt (Markus 12,30.33), was wiederum von Paulus (Römer 13,9) und Jakobus (2,8) aufgegriffen wird.

Mose setzt als Maßstab "lieben, wie dich selbst". Das verstehen wir heute falsch, als wäre damit gemeint: "nicht mehr als dich selbst " - dagegen setzt Jesus die Selbstverleugnung (Markus 8,34) bis hin zur Aufopferung (Johannes 15,13), und formuliert das Gebot um: "dass ihr einander lieben sollt, wie ich euch geliebt habe." (Johannes 13,34) Maßstab ist nicht unsre Selbstliebe, sondern die Liebe Jesu.

Wir waren nicht dabei und haben nicht erlebt, wie Jesus die Seinen geliebt hat. Die paar Seiten der Evangelien sind kein Tagebuch Jesu, sondern Zusammenfassungen von dem, was man Jahrzehnte später über ihn wusste. Und selbst wenn er Tagebuch geführt hätte - Jesus hat ja auch nur eine Auswahl erlebt von dem, was damaligen Menschen widerfahren ist. In seiner Zeit gab's im Heiligen Land keinen Krieg, auch über Seuchen und Hungersnot ist nichts bekannt. Wir können uns also nicht immer an dem orientieren, wie sich Jesus verhalten hat - wohl aber fragen: "Was würde Jesus dazu sagen?".

Sondern er verweist auf Gott: "Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt." Das ist typisch Jesus. Er hat sich auch in anderen Fällen Gott zum Vorbild genommen, der den zweiten Menschen aus dem ersten geklont hat, so dass sie einander lieben konnten "als wär’s ein Stück von mir" und untrennbar wieder "zu einem Fleisch wurden" (Matthäus 19,4-6) und der unparteiisch Freund und Feind Sonnenschein und Regen spendiert (Matthäus 5,45).

Johannes hat wie kein anderer verstanden, was Jesus wollte: Das Besondere an ihm war nicht, dass er Wunder getan und gescheite Gedanken geäußert hat, sondern dass er erkannt hat: "Gott ist Liebe" (1. Johannes 4,16), und diese Liebe in eigener Person verkörperte.

Die Liebe Gottes aber besteht nicht darin, dass er uns verwöhnt (obwohl er mir ja wirklich viel Gutes getan hat), sie ist eher wie die Wasserleitung: Wenn ich Wasser brauche, drehe ich den Hahn auf. Selbstverständlich dürfen auch meine Gäste daran teilhaben und sogar die Blumen kriegen was davon ab. Das Wasser aber wird nicht in der Fabrik hergestellt, sondern ist seit Anbeginn in der Welt vorhanden.

Wie beim Wasserhahn dürfen wir die unendliche Liebe Gottes "abzapfen", in uns aufnehmen, darin baden, andere daran teilhaben lassen. So singt und betet mit mir: "Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart."

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner