Jahreslosung 2017

Gott spricht: "Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt." (Hesekiel 36,25-27)

Monatsspruch Januar 2017: Auf dein Wort will ich die Netze auswerfen. (Lukas 5,5)

Liebe Leserin, lieber Leser,

damit wir uns nicht falsch verstehen: "Herz" ist in der Bibel nicht die Blutpumpe, sondern ein anderes Wort für 'Seele, Gemüt, Gewissen, Gesinnung', so wie es bei uns für 'Liebe' steht. Wir könnten also umschreiben: "eine neue Gesinnung, eine neue innere Einstellung". Der Prophet Hesekiel beklagt wie seine Vorgänger, dass sich die Menschen nicht um das Gesetz Gottes und seine Paragraphen, die Thora und die Gebote kümmerten, schon früher im Land Israel und erst recht jetzt in Babylonien, in einem fremden Land, das seine eigenen Gesetze hatte. Selbst wenn die jüdischen Gemeinden eine gewisse Selbstverwaltung hatten, wurden Verbrechen nach dem babylonischen Recht bestraft und war die Verehrung vieler Götter Staatsreligion. Viele werden sich gefragt haben: Gilt denn das von Gott verordnete Gesetz nicht mehr?

Schnee von gestern? Genauso fühlen sich doch viele Muslime bei uns. Auch sie haben ihr eigenes, von Gott verordnete Gesetz, die Scharia, und haben genauso ihre Schwierigkeiten sich anzupassen wie die Juden in Babylonien. Das Problem ist nicht, dass unsere Ordnungen anders sind, auch nicht dass die Muslime keine "modernen", sondern "mittelalterliche" Paragraphen haben, sondern dass sie ihre göttliche Ordnung aufgeben und stattdessen Gesetze befolgen müssen, die noch nicht mal den Schein aufrechterhalten, dass sie sich auf den Willen Gottes begründen. Es ist ganz klar: Unsre Gesetze sind von Menschen gemacht und haben mit Gott nichts mehr zu tun. In den orientalischen Ländern ist's ja im Prinzip genauso, nach Meinung vieler: Ordnungen, die ihnen von den Kolonialmächten aufgezwungen wurden. In gewisser Weise kann ich die Islamisten verstehen, ohne ihren Terror gutzuheißen.

Kehren wir wieder zu den Juden zurück: Die meisten von ihnen lebten seit 2600 Jahren im Ausland. Dort konnten sie die Thora nicht im vollen Umfang halten. Sie mussten lernen ohne Opfer zu leben. So entstand der reine Wortgottesdienst, von Kirche und Moschee übernommen. Manche Einzelvorschriften wurden umgedeutet, wie: "Du sollst dem Ochsen, der da drischt, das Maul nicht verbinden," wenn er schon arbeiten muss, darf er auch fressen. (5. Mose 25,4). Diese Regel war im Ausland gegenstandslos, weil nur noch wenige Juden Bauern waren. Paulus deutete also um: "Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert." (1. Timotheus 5,18) So gelang es den Juden, an der Thora festzuhalten und sie den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Von ihnen haben wir Christen diese Methode der Auslegung übernommen.

Strafandrohungen führen dazu, dass man nach dem 11. Gebot handelt: "Du sollst dich nicht erwischen lassen." Aber schon in den echten 10 Geboten (2. Mose 20,1-17) wird der Weg vom staatlichen Gesetz zur Moral beschritten, ohne Wenn und Aber: "Du sollst nicht stehlen." Das tut man einfach nicht. Solche kurzen Merksätze prägen sich leichter ein als umständliche und langatmige Paragraphen. Die 10 Gebote waren von Anfang an dazu bestimmt auswendig gelernt zu werden, wie in der Konfirmandenstunde.

Ist das, was Hesekiel ankündigt mit dem "neuen Herzen" und "neuen Geist", so gemeint? Wir haben die Grundprinzipien verantwortungsbewussten Handelns gelernt, uns zu eigen gemacht, verinnerlicht. Sie sind uns in Fleisch und Blut übergangen, zur zweiten Natur geworden.

Nur in Fleisch und Blut, leider aber nicht in die Gene. Darum, liebe Leserin und lieber Leser, ist es dringend notwendig, dass wir an diesen Grundsätzen festhalten und sie an die nachkommende Generation weitergeben. Deshalb haben Edwin Suckut, Gustav Langenbruch und ich uns um 1980 für eine missionarische Jugendarbeit stark gemacht, auf deren Basis der CVJM Reinheim entstanden ist, und unser "Netze ausgeworfen", wie es im Monatsspruch Januar steht.

Lasst euch daher nicht durch "moderne" Konzepte irritieren.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner