Monatsspruch Februar 2017

Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Guten Tag! (Lukas 10,5)

Liebe Leserin, lieber Leser,

das ist selbstverständlich, dazu brauchen wir keinen Monatsspruch und keine Bibel. Grüßen gehört sich doch! Vielleicht aber ist diese Erinnerung heute trotzdem nötig, man weiß ja nie.

Nun steht es aber in diesem Spruch ein bisschen anders: Lukas 10,5 (Einheitsübersetzung) "Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus!" und weiter: 6 "Und wenn dort ein Mann des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm wünscht, auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren."

Der Friedensgruß war zur Zeit der Bibel so geläufig wie unser "Guten Tag", und man dachte sich wahrscheinlich so wenig dabei wie wir, das ging fast automatisch. Beides ist aber ein Wunsch: "Ich wünsche euch einen guten Tag, ich wünsche euch Wohlergehen" ("Friede" war allgemeiner, nicht nur das Gegenteil von Zwietracht).

Jesus sagte das zu den 72 Boten, die er auf Missionsreisen schickte. Sie waren lange unterwegs und brauchten Quartiere. Gastfreundschaft war Ehrensache, aber die Abgesandten Jesu waren nicht überall willkommen. Stellt euch vor, es stehen zwei Leute vor eurer Tür und sagen: "Guten Tag, wir kommen von der Sekte Soundso. Dürfen wir reinkommen?" Bums, die Tür zu, fertig. Und stellt euch vor, da standen zwei vor der Tür und sagten: "Friede diesem Haus, wir kommen von Jesus, dürfen wir reinkommen?" - "O ja, gern, bitte kommt rein, da ist unser Gästezimmer, macht's euch bequem." Nette Leute! Nach einer Weile macht der vierjährige Jakob die Tür auf und sagt: "Gessen wird!" Man begibt sich zu Tisch. Klein Jakob kriegt erst mal eine Ohrfeige für die unbeholfene Einladung. Die Mutter schimpft über die Nachbarin, der Vater über die Pharisäer und Zöllner, der Onkel ist gar nicht zum Essen gekommen, weil er mit dem Vater Krach hat… Hatten die Boten Jesu nicht "Frieden diesem Haus" gewünscht? Gewiss, sie wurden höflich behandelt und beteiligten sich nicht am Streit, vielleicht legte Petrus ein gutes Wort für die Pharisäer und Zöllner ein und vielleicht tröstete Andreas den heulenden Jakob. Aber Frieden konnten sie diesem Haus nicht bringen. Als sie gingen, nahmen sie ihren Frieden wieder mit.

Vielleicht ist es ja auch ganz anders. Vielleicht ist der Opa ein "Mann des Friedens" und lässt seine Tochter nicht lange lästern und sagt: "Also Salome, bitte!" und "Abraham, du weißt genau dass ich auf die Pharisäer nichts kommen lasse. Und die Zöllner tun doch auch bloß ihre Pflicht" und "Jaköbchen, bring mal Onkel David das Essen und sag ihm, der Opa müsste sich nachher mit ihm unterhalten." Da ist doch schon Frieden im Haus, auch wenn's Ärger gibt. Und wenn die Gäste nach ein paar Tagen wieder gehen, dann verschwindet der Friede nicht wieder, sondern bleibt.

Vielleicht kommen sie im nächsten Dorf in ein Haus, wo wirklich Friede ist. Da lästert man nicht über andere, sondern redet über sie Gutes und versucht alles zum Besten zu kehren. Da kritisiert man keine Abwesenden, sondern sagt's den Betreffenden unter vier Augen - oder hält den Mund. Da beschimpft man sich nicht, sondern sagt, was einem am anderen gefällt und bedankt sich für jede Gefälligkeit. Und wenn's mal Meinungsverschiedenheiten gibt, dann versöhnt man sich auch wieder und entschuldigt sich, wenn man was falsch gemacht hat. In diesem Haus gibt's keine Streitkultur, sondern eine Friedenskultur. Was müssen das für Menschen sein, die diese Kunst beherrschen?

Jesus selbst war ein "Mann des Friedens" und setzte voraus, dass es auch unabhängig von ihm noch mehr solche Leute gab, die dachten und lebten wie er. Gewiss, es gibt streitsüchtige Menschen und friedliche, das ist wohl auch Veranlagung. Aber wir sind doch nicht Sklaven unsrer Triebe und können und müssen sie beherrschen und können das lernen. Ich habe es auch gelernt, obwohl ich ein Hitzkopf bin und ohne Selbstbeherrschung Verbrecher hätte werden können.

Ich hatte mich in meiner Jugend über jemand geärgert und hätte ihm am liebsten wer weiß was gewünscht. Da kam mir der Gedanke: Überlass das dem Jüngsten Gericht - und damit war der Fall für mich erledigt, schon am nächsten Tag wieder vergessen. Und seitdem bemühe ich mich, die anderen unter diesem Gesichtspunkt zu sehen, mit den Augen Gottes. Und der beäugt uns nicht misstrauisch und schreibt jedes Sündlein auf, sondern er steht über den Dingen und lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. Das kannst du auch. Lass dich von seiner Liebe und seinem Frieden erfüllen, dann wirst du ein "Mensch des Friedens", und wenn mal ein Bote Jesu bei dir vorbeikommt, dann lässt er seinen Frieden nicht nur auf dir ruhen, sondern er kann sich von deinem Frieden eine Scheibe abschneiden und mitnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner