Monatsspruch Dezember 2017

Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes wird uns besuchen das aufgehende Licht aus der Höhe, damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. (Lukas 1,78+79)

Liebe Leserin, lieber Leser,

"Über Bethlehem ist ein Stern aufgegangen, Gottes Liebe hat angefangen. Kommt zur Krippe, betet an! Gottes Herz ist aufgetan für uns alle." Mit diesen Worten beginnt ein modernes Weihnachtslied, das vor 40 Jahren gesungen wurde, aber nicht den Weg ins Gesangbuch geschafft hat. Es nimmt Gedanken auf aus diesem Monatsspruch (im "Lobgesang des Zacharias" Lukas 1,67-79). Zacharias dankt Gott für die Geburt seines Sohns, Johannes des Täufers. Auch wir haben gedankt und danken heute noch für unsre Kinder und unsre Enkel, x-mal erlebt, und doch ist jede Geburt ein kleines Wunder, eine Fortsetzung der Schöpfungsgeschichte: "Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild". Und zwei Jahrzehnte später Schöpfung Teil 2: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei", das immer wieder neue Wunder der Liebe.

Aber Zacharias hat sich nicht mit dem Dank begnügt, er machte sich Gedanken, was aus dem Kind werden sollte. Für den christlichen Leser ist klar, dass aus dem Baby ein bedeutender Mann wurde, der Vorläufer Jesu, und das wird in diesem Gebet auch angedeutet.

Auch wir machen uns Gedanken über die Zukunft unsrer Kinder und Enkel und setzen unsre Hoffnungen in sie. Ich hab mich selbst dabei ertappt, mir eine Traumfrau und Wunschkinder auszumalen. Die Wirklichkeit war ganz anders. Meine reale Frau stellt jede Traumfrau in den Schatten. Aber von unsern Kindern wurde keins Pfarrer. Enttäuscht? Nein, sie sind alle Sonderanfertigungen, nicht um unsre Wünsche zu erfüllen, sondern nach den Plänen Gottes. Wir dürfen sie nehmen wie sie sind, jedes als ein Wunder, über das wir nur staunen können, Kinder, von denen wir nicht hätten träumen können.

Ob Zacharias stolz war auf seinen Sohn, den wortmächtigen Prediger, oder enttäuscht, weil er nicht wie er "Aushilfspfarrer" geworden war? Und irritiert, weil er enthauptet wurde? Maria ging es ähnlich. Es wollte ihr nicht in den Kopf, dass Jesus nicht wie jeder anständige Rabbi sein Handwerk ausübte, sondern die Schreinerei zumachte und auf Reisen ging. Und traurig, als sie ihn am Kreuz wiederfand. Kinder müssen ihre eigenen Wege gehen, auch wenn wir sie nicht verstehen.

Und Johannes war enttäuscht von seinem Musterschüler Jesus, in den er große Hoffnungen gesetzt hatte. Der spazierte im Land herum, statt auf den Putz zu hauen und die "unfruchtbaren Bäume" zu fällen, wie Johannes angekündigt hatte.

Sogar Gott ist es nicht gelungen, "Menschen nach seinem Bild" zu schaffen, behaupte ich auf menschliche Weise. Auch wenn manche Menschen so tun, sind wir keine Götter oder Engel. Und Eva war halt keine genaue Kopie von Adam. Auch mit den Nachkommen der Mustermenschen Noah und Abraham hatte Gott kein Glück. Sogar wir Christen sind noch weit entfernt vom "Bild Gottes".

Was hat das alles mit dem "aufgehenden Licht aus der Höhe" zu tun? Jesus ließ dem enttäuschten Täufer ausrichten: "Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein und den Armen wird die frohe Botschaft verkündigt." Jesus hat ein Licht angezündet, statt über die Dunkelheit zu schimpfen. Er konnte ein paar Menschen heilen, aber nicht alle. Er machte den kleinen Leuten Mut. Aber es wird noch nicht mal angedeutet, dass er einem Bettler auch nur ein Stück Brot gegeben oder sich konkret für eine bedrängte Witwe eingesetzt hätte. Im Gegenteil, bei der Speisung der 5000 mussten die Jünger ihren Proviant opfern. Er hat nicht "die Welt verändert", auch nicht den Mächtigen seine Meinung gesagt, wie man heute gern vollmundig behauptet. Sondern hat dem, der den Kopf hängen ließ, gesagt: "Kopf hoch, mein Lieber, diese jämmerliche Welt ist nicht alles, was Gott dir zu bieten hat. Guck, da oben am Himmel sind Sterne. Einer gehört dir, für Zeit und Ewigkeit. Hol dir einen runter, lass dich von ihm erwärmen und erleuchten und du wirst sehen: Dein Leben wird lebenswert, denn du hast einen Orientierungspunkt." Oder ohne Bild: "Gott ist Liebe, lass dich von seiner Liebe und seinem Frieden erfüllen". Nicht bloß: "Er liebt dich", nein, du kannst Liebe und Friede werden. Damit wirst du "Gottes Ebenbild". Dann ist "Gott in dir und du in ihm".

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner