Der Computer und der liebe Gott

Liebe Leserin, lieber Leser,

PCgerade habe ich mich über unsren Gemeinde-Computer geärgert bzw. über das Programm, das uns Zugang verschaffen soll zu den Daten unsrer Gemeindeglieder. Es soll, aber es tut’s nicht. Es nimmt Zeit und Arbeitskraft in Anspruch und kostet Geld. Mir fiel dazu die Geschichte von goldnen Kalb ein (nachzulesen 2. Mose 32): Die Israeliten opferten für die Herstellung ihre goldnen Ohrringe, machten sich daraus ein Figur, beteten sie an und wären bereit gewesen, für die Figur noch größere Opfer zu bringen, wenn Mose nicht dazwischen getreten wäre und dem Götzendienst ein Ende gemacht hätte.

Opfern wir mit unsrer elektronischen Datenverarbeitung auch einem goldnen Kalb? Früher ging’s doch auch ohne und hat sogar funktioniert. Wir bekamen alle Monat von der Kommune zwei Blatt Papier mit den Namen der Zu- und Weggezogenen und alles Andere wussten wir selbst. Aber heute geht’s dank der modernen Technik und des Datenschutzes leider nicht mehr so einfach. Wir wissen z. B. ohne Elektronik nicht mehr, wer wann Geburtstag hat oder wer wählen darf.

Der Computer und der liebe Gott haben aber noch mehr gemeinsam, als aus dem Vergleich mit dem Goldnen Kalb hervorzugehen scheint:

Wir lernen unser Gehirn durch Vergleich mit einem Computer besser verstehen: Unsre Gehirnzellen machen was Ähnliches wie die Computerchips: Sie speichern und verarbeiten Daten. Man kann die Daten ins Gehirn eingeben und abrufen - leider etwas mühsam, denn unser Speicher weigert sich, stumpfsinnig alles zu schlucken, was man ihm eintrichtern will. Und oft versäumen wir, unsre Ergebnisse abzuspeichern, vergessen den Dateinamen oder erleben vielleicht auch mal einen Absturz, so dass Vieles, was wir in unsre grauen Zellen eingegeben haben, nicht wieder zu finden ist.

GehirnWas sich in unsrem Gehirn abspielt, nennen wir "Geist": Eingabe, Speicherung, Verarbeitung und Ausgabe der Daten, all das bezeichnen wir als Geist. Dazu kommen noch Wille und Bewusstsein, die unsren elektronischen Rechnern noch fehlen. Aber immerhin hat der Computer ein Programm, das ihn steuert und ihm sagt, was er zu tun hat, etwa ähnlich, wie ein Tier von seinem Instinkt geleitet wird.

Nach Johannes 4,24 ist Gott Geist, also mit unserm Geist zu vergleichen. Das zeigt auch die Schöpfungsgeschichte (2. Mose 1,27 und 2,7), wonach uns Gott zu Seinem Ebenbild erschaffen hat und das, was uns zu Menschen macht, unsre "Seele", der Atem Gottes ist.

Ist Gott so was Ähnliches wie ein himmlischer Computer, in dem nicht nur das Programm für die gesamte Weltgeschichte gespeichert ist von der Schöpfung bis zum Weltuntergang, sondern auch alle Informationen über die Welt und uns Menschen?

BuchDas ist gar nicht so ketzerisch, wie es klingt. In der Bibel ist an mehreren Stellen von einem himmlischen "Buch" die Rede, in dem alles Erwähnenswerte verzeichnet ist - ein Art Weltchronik und zugleich eine Liste aller Menschen. Wenn Gott am Jüngsten Tag Gericht hält, braucht Er nur dieses Buch aufzuschlagen, da steht alles drin, auch unsre Taten und Untaten. Das war damals, als die Bibel geschrieben wurde, modernste Technik: Man braucht sich nicht mehr alles im Kopf abzuspeichern, sondern kann eine Menge von Daten in einem externen Speicher, dem Buch, ablegen.

Wenn man sich das so versucht vorzustellen, muss im Himmel eine gewaltige Bibliothek stehen. So viele Bücher kann’s gar nicht geben, um sämtliches Wissen darin aufzuschreiben.

Und doch konnten sich die Verfasser der Bibel schon vorstellen, dass Gott ja gar nicht alles Wort für Wort aufzeichnen muss, sondern dass man Daten ja auch komprimieren kann. Jesus redet z. B. davon, dass die Namen der Jünger "im Himmel" geschrieben stehen (Lukas 10,20). Der Name ist die komprimierte Form einer Person. Gott braucht des ganze Leben nicht Wort für Wort und Minute für Minute zu protokollieren. Eine kurze Zusammenfassung tut’s auch, um auszudrücken, was ein Mensch gewesen ist. So viele Daten müssen also auch im Himmel gar nicht gespeichert werden.

MoseUmgekehrt gibt es aber auch einen Datenfluss vom Himmel auf die Erde. Was waren die Gesetzestafeln des Mose anders als primitive "Disketten", mit denen Mose des himmlische Programm auf die irdische Festplatte überspielen wollte? Das 5. Buch Mose (Deuteronomium "das 2. Gesetz") will verstanden werden als eine Art "Update" zu dem ursprünglichen "Programm" der 10 Gebote. Und Hesekiel kann sich schon so etwas wie "Hardware" und "Software" denken, wenn er der "Hardware" der steinernen Tafeln die "Software" des Gesetze gegenüberstellt, das uns in Herz und Sinn geschrieben sein soll. (Hesekiel> 36,26+27).

Vorsicht Missverständnis: Ich behaupte nicht, dass Mose und Hesekiel einen Computer hatten, sondern dass es da einige Vergleichspunkte gibt.

Schließlich kann man sich sogar eine Art "Netzwerk" vorstellen, mit dem wir mit dem himmlischen Computer verbunden sind: Im Gebet etwa, im Hören auf Gottes Wort und besonders im Gottesdienst findet ein Datenaustausch zwischen Himmel und Erde statt und umgekehrt.

Und was geschieht, wenn wir sterben? Prediger 12,7 führt das Bild vom Lebenshauch Gottes aus der Schöpfungsgeschichte weiter: Wenn wir sterben, nimmt Gott Seinen Atem = unsre Seele wieder zu sich. Modern gesprochen: Am Ende unsres Lebens "verschiebt" Gott unsre Daten auf Seine "Festplatte", bevor an unsrer durch natürlichen Verschleiß unwiederbringliche Datenverluste auftreten. Unsre Daten sind damit in "komprimierter" Form im Himmel gespeichert und werden auf unsrer "Festplatte" gelöscht. Vielleicht haben wir ja auch etwas an andere Menschen weitergeben können, so dass sich Bruchstücke von unsrem "Datenbestand" in anderen Gehirnen befindet. Aber wichtig ist, dass des Wesentliche von uns nicht verloren geht.

DisketteDies könnte geschehen, wenn jemand eigenmächtig seinen "Datenbestand" löscht, bevor sie in den Himmel überspielt wurden. Sie brauchen trotzdem nicht verloren zu sein, denn es gibt ja auch Hilfsprogramme ("Undelete") mit denen man gelöschte oder zerstörte Datensätze wieder herstellen oder reparieren kann.

Was war das, was Jesus geleistet hat, anderes als dass Er uns solch ein Hilfsprogramm an die Hand gegeben hat, mit der sich unser beschädigtes Lebensprogramm wieder reparieren lässt. Sein Liebesgebot lässt sich zusätzlich verstehen als ein weiteres "Update" auf Mose, dass noch nicht mal steinerne Tafel braucht wie die zehn Gebote, aber wesentlich effektiver ist als sie.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner