Monatsspruch November 2009

Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen. (1. Thessalonicher 4,14)

Liebe Leserin, lieber Leser,

wir tun uns heute schwer damit, an den alten Glaubensaussagen der Bibel festzuhalten. Sagen wir "Gott", lachen uns die Atheisten aus. Sagen wir "Schöpfung", widersprechen die Naturwissenschaftler. Sagen wir "Jesus", heißt es von allen Seiten "ja, aber…" Sagen wir "Auferstehung und Himmelfahrt", dann seien das mythologische Vorstellungen vergangener Zeiten. Sagen wir "ewiges Leben", dann heißt es: "Nichts Genaues weiß man nicht. Es ist noch keiner zurückgekommen." Sage ich sogar: "Ich hoffe auf ein besseres Leben nach dem Tod", dann werde ich als weltfremder Spinner abgetan, der sich aus der Welt zurückzieht, statt am jetzigen Leben teilzunehmen, Unrecht anzuprangern und die Welt zu verändern.

Wie oft hat man mir erklärt und habe ich auch in frommen Ausführungen gelesen: "Die Wissenschaft hat festgestellt: Es gibt keine Seele." Denn das, was man für Seele gehalten hat, seien bloß Funktionen unsres Nervensystems. Das stelle mit dem Tod seine Tätigkeit ein. Was soll da den Tod überleben? (Ähnlich schon die Gottlosen nach Weisheit Salomos 2,2-3, Apokryphen). – Wenn es aber keine Seele gibt oder wenigstens Geist, der unabhängig vom Körper ist, dann kann es auch keinen Gott geben. Denn Gottes Wesen ist Geist (Johannes 4,24). Wenn es aber Gott gibt, dann kann es auch eine Seele geben. Ich glaube an Geist und Seele und Jenseits, weil ich an Gott glaube. So einfach ist das.

Ähnlich einfach argumentiert Paulus: Es muss eine Auferstehung der Toten geben, weil Christus auferstanden ist, breit dargestellt in 1. Korinther 15.

Wie stellt sich Paulus das vor? Nicht, wie es auf den bunten Bildern der Sekten anzuschauen ist: ehemals Tote, die fröhlich und gesund ihr Leben unter verbesserten Bedingungen fortsetzen. Paulus meint das anders. Er spricht von einem "geistlichen Leib" der Auferstandenen (1. Korinther 15,44). "Geist" ist sonst bei ihm das genaue Gegenteil von "Leib" oder Materie. Paulus denkt also nicht an ein wie auch immer geartetes körperliches, sondern an ein geistiges Weiterleben. Aber nicht als gestaltloser Nebel, sondern so, dass man den früheren Menschen wiedererkennen kann. Nicht an seinen Ohren oder Fingerabdrücken, sondern an seiner unverkennbare Persönlichkeit. Das meine ich, wenn ich von der unsterblichen Seele rede. Was weiterlebt, ist nicht unser Bewusstsein, Denken, Fühlen Wollen usw., sondern der Kern unsrer Persönlichkeit, als unser Name eingetragen im himmlischen Buch des Lebens (Philipper 4,3), unauslöschlich im Gedächtnis Gottes eingeprägt.

Paulus begnügt sich aber nicht mit der allgemeinen Folgerung: "Es muss ein Leben nach dem Tod geben", sondern er schreibt: "Weil Jesus auferstanden und in den Himmel gefahren ist, werden auch wir, werden auch du und ich in den Himmel zu Gott kommen." Das will er mit dem etwas ungeschickt formulieren Wochenspruch sagen. Ich drösele den Satz auf: "Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, (dann schließt das den Glauben ein), dass Gott auch die, die gestorben sind, durch Jesus und mit Jesus (in den Himmel) bringen wird." Jesus hat durch seine Auferstehung ein Loch in die Gefängnismauern des Todes gebrochen und damit jedem, der das ernsthaft will, den Weg zum Himmel freigemacht.

Paul Gerhardt bringt dies zum Ausdruck in wunderbaren Worten in seinem Osterlied "Auf, auf, mein Herz mit Freuden" (EG 112), in dem er beschreibt, wie der Auferstandene aus dem Totenreich ausbricht und zu Gott zurückkehrt – und dabei mich mit herausreißt und mitnimmt. Christi Auferstehung ist auch meine Auferstehung. Da es im Jenseits keine Zeit mehr gibt, kann ich auch sagen: Er hat mich schon damals an Ostern aus dem Totenreich in den Himmel gebracht. Das bestätigt Jesus, wenn er sagt: "Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben" – jetzt schon, zu Lebzeiten und nicht erst am Jüngsten Tag (Johannes 6,47).

Ich möchte dir Mut machen, liebe Leserin, lieber Leser: Die Stärke unsres Glaubens ist, dass wir weiter denken, über unser irdisches Leben hinaus. Wenn es wahr ist, dass Christus auferstanden ist, dann ist er jetzt in einer anderen Welt und dann muss es diese andere Welt geben, die auch dir und mir offen steht.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner