Am 27.März 2015 startete die 10. Nacht der offenen Kirche in Ueberau, ausgerichtet vom CVJM Reinheim und der Ev. Kirchengemeinde Ueberau. Sie stand unter dem Thema: Selig sind, die Frieden stiften. Das Programm entsprach im Wesentlichen dem in den letzten Jahren üblichen Ablauf. Die Mitarbeiterzahl hatte sich aber erheblich vermindert. Herzlichen Dank an alle Aktiven!
Es begann um 17.30 Uhr mit Stockbrotbacken und Bratäpfel außen vor der Kirche.
Schon eine Stunde später kam der Puppenspieler Matthias Jungermann
mit seinem Figurentheater Radieschenfieber an die Reihe. Er war bereits
2008 bei der 4. Nacht der offenen Kirche dabei gewesen. Wieder war
an der Längsseite im Kirchenschiff seine Bühne aufgebaut, mit allerlei
Obst und Gemüse, aber auch Wollknäuel, Körben usw. bestückt, und wieder
begann er mit dem Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lukas 15,1-7).
Aber das war kein Nachteil. Es ist eine sehr bekannte Geschichte, und er
kann sie wunderbar darstellen, wenn etwa die Schafe als Wollknäuele über
die Bühne huschen und plötzlich eins herunterfällt. Bei der nächsten
Zählung fehlt also ein Schaf. Es wird aufgeregt, schnell und überall
gesucht, … und tatsächlich gefunden und mühsam aus der "Grube"
herausgeholt. Zum Schluss sitzen dann alle Wollknäuel entspannt und
friedlich im Korb (dem Stall). Der gute Hirte (Jesus) macht sich viel
Mühe, um Verlorene wieder zu finden.
Diesmal hatte er noch drei
weitere biblische Geschichten ausgesucht: Der verlorene Sohn (Lukas 15,11-32),
Jesus "findet auf dem Baum" den Zöllner Zachäus (Lukas 19,1-10) und
der Traum des Joseph, in dem ihm Gott sagt, er soll vor Herodes mit
Maria und Jesus nach Ägypten fliehen (Matthäus 2,12-15). Alle
Geschichten waren eindrucksvoll gespielt. Ob allerdings bei dieser hohen
Geschwindigkeit ("…fieber") auch Kinder (und Erwachsene) folgen konnten,
die diese Geschichten nicht so gut in Erinnerung hatten, weiß ich nicht.
Kindergottesdienstkinder waren klar im Vorteil. Allerdings stand auch
auf der Einladung: "…an alle Menschen, denen der christliche Glaube
nicht fremd ist und die gerne ein- oder zweimal lachen."
Nach dem Radieschenfieber stand um 20 Uhr das Konzert des ev. Posaunenchores Ueberau unter der Leitung von Thomas Borger auf dem Programm. Es war wie immer ein Höhepunkt des Abends, und dazu wurde auch die Gästezahl deutlich höher.
Um 21.30 Uhr begann dann die Taizé-Andacht, die ebenfalls fester Bestandteil der Nacht der offenen Kirche geworden ist. Die große Umstellung von den lautstarken Posaunen zu der eher leisen, besinnlichen und getragenen Andacht wurde durch eine längere Pause (auch zum Umräumen) gemildert. Frau Reiß hatte zur Taizé-Andacht einige Lieder und Texte zusammengestellt, die auch jeder mit nach Hause nehmen konnte. Mir waren viele Lieder neu, da sie aber vielfach wiederholt wurden (begleitet von Frau Schmitt am Keyboard) und einprägsam einfache Melodien haben, kann man sie auch zu Hause nutzen, um aus der alltäglichen Hektik zur Ruhe und zum Gebet zu finden. Dazu passte schon der einführende Satz von Frère Roger, dem inzwischen verstorbenen Gründer der Kommunität in Taizé: "Das Gebet ist eine ungebrochene Macht, die im Menschen wirkt und ihn durchformt; sie lässt es nicht zu, dass er die Augen vor dem Bösen verschließt." Zu einer Taizé-Andacht gehört auch ein schön geschmückter Altar und ein sorgfältig angeordnetes Kerzenmeer. Zusätzlich konnten "Fürbitt-Lichter" am Altar angezündet werden. Obwohl es schon später Abend war, nahmen erfreulich viele - vor allem auch junge Gäste - an der Andacht teil. Mit den Jahren hat sich wohl auch ein fester Besucherstamm bei dieser Andacht herauskristallisiert, der zunimmt.
Auch zum Nachtmahl um 23 Uhr war der lange Tisch gut besetzt. Florian hatte wieder mit viel Einsatzfreude eine schmackhafte Suppe gezaubert.
Um Mitternacht - es waren immer noch knapp 20 Personen anwesend -
erzählte Gerrit einige Märchen für Erwachsene zu dem Thema der Nacht:
Selig sind, die Frieden stiften:
Da waren die beiden Geschwister, die
sich immer wieder zanken mussten und dann plötzlich den Zankteufel
erlebten, der sich immer freut, wenn es Streit gibt, aber fröhliches
Lachen nicht ertragen kann. - Wie durch kleinste Anlässe viel Unheil bis
zum Krieg verursacht werden kann, zeigte das zweite Märchen: Durch einen
Tropfen Honig kam es über zahlreiche Zwischenstufen dazu, dass zwei
ganze Regionen aufeinander losgingen. Der Platz reicht nicht, um hier
alle Märchen wiederzugeben. Noch ein kurzes zum Schluss: Ein alter
Indianer erzählt einem Jungen: In meinem Herzen wohnen zwei Wölfe, der
eine ist grausam, der andere liebevoll. "Und welcher gewinnt?" fragt der
Jüngere. Der, dem ich Futter gebe."
In den Nach(t)gedanken um 1 Uhr nahm unser Vorsitzender Clemens Tischner noch einmal Bezug auf den Bibelvers, der über der Nacht der offenen Kirche stand: "Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen." (Matthäus 5,9) Nachdem er die einzelnen Worte dieser Seligpreisung erläutert hatte, kam er zu folgender Übertragung des Textes: "Wenn ich dafür sorge, dass Menschen Ruhe haben und freundlich miteinander umgehen, dann habe ich Anteil am Reich Gottes, am ewigen Leben."
Die erste Nacht der offenen Kirche feierten wir Anfang Dezember 2003 von 19 Uhr abends bis 7 Uhr morgens. Der Anstoß kam von Alexander Haas, der allerdings selbst nicht mehr beteiligt war. Damals hieß es im Glühwürmchen: Die Nacht der offenen Kirche war ein mutiger Versuch, der … "viele Gespräche und Begegnungen ermöglichte, zum Nachdenken anregte und uns insgesamt Freude gemacht hat. […] Das lockere Programm (gab Gelegenheit) zu Ruhe, Entspannung und Offenheit, und ist nicht Stille eine gute Voraussetzung, um Gott zu begegnen?“
Gustav Langenbruch