Wo man singt, da lass dich ruhig nieder…

… böse Menschen haben keine Lieder." Ob dieses Sprichwort stimmt?

Ich bin mir nicht sicher. Für mich kommt es nicht nur auf die Melodie an, sondern vor allem auf den Text. Wenn der Text unsinnig oder gar bösartig ist, würde ich das Lied nicht singen und auch meine Kinder davon verschonen.

Von den Weihnachtsfeiern im großen Familienkreis sind mir vor allem die Lieder im Gedächtnis geblieben. Den Erwachsenen war ernst, was sie gesungen haben. Sie sangen auswendig voller Andacht und Freude. Wichtig war wohl auch, dass der Gesang von einem Instrument - einem Harmonium, das einige Familienmitglieder spielen konnten - begleitet wurde und dass einige Verwandte auch eine zweite Stimme dazu kannten oder frei erfunden dazu singen konnten. (Sonst können Kirchengesangbücher, die man auch zu Hause haben sollte, hilfreich sein.)

Nun sind die Weihnachtslieder im Text sehr unterschiedlich. Wenn man "O Tannenbaum" singt, so ist das vielleicht ein schönes Kinderlied, aber es drückt lediglich die Freude über den Tannenbaum aus und hat mit dem Grund des Weihnachtsfestes, also mit Jesu Geburt, nicht zu tun. Das ist "O du fröhliche" wesentlich gehaltvoller. In den kurzen Zeilen kommt ganz klar der eigentliche Grund der Weihnachtsfreude zum Ausdruck: "Welt ging verloren, Christ ist geboren, freue dich, o Christenheit" oder im 2. Vers: "Christ ist erschienen, uns zu versühnen". Wenn wir diesen Text im Gedächtnis behalten, kann er uns in schwierigen Lebenslagen Kraft geben.

Während ich mich mit dem Singen zu Weihnachten beschäftigte, war ich erstaunt und erfreut, dass ich zufällig in einer Zeitschrift und in einer Rundfunksendung interessante Beiträge dazu fand: In dem Heft 43, 2016 von "ideaSpektrum" stand an auffallender Stelle eine kurze Notiz über den kürzlich stattgefundenen Sonderparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern: "Ich weiß, dass es Sorgen vor dem Islam gibt."“ Es liege aber an den Bürgern, diesen Sorgen auch durch die Pflege christlicher Traditionen zu begegnen. "Wie viele christliche Weihnachtslieder kenn wir denn noch und wie viele bringen wir unseren Kindern und Enkeln noch bei? … Dann muss man eben mal ein paar Liedzettel kopieren und einen, der noch Blockflöte spielen kann … mal bitten." Das sagte unser Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als nach ihrer Empfehlung Gelächter einsetzte, sagte die Pastorentochter: "Ich meine das ganz ehrlich. Sonst geht uns ein Stück Heimat verloren."

Im Rundfunk (Hessen Info, am 13.11.2016 abends) wurde über das "Rudelsingen" berichtet: Gemeinsam singen tut gut, aber wo singen wir denn noch gemeinsam? In der Kirche - wenn wir hingehen - und sonst? Viele Menschen - auch in unserem Verein - behaupten, sie könnten nicht singen. Das heißt aber oft nur, dass sie alleine nicht die Melodie halten können oder auch nur glauben, nicht gut genug zu singen. Hier setzt das "Rudelsingen" an, das übrigens auch in Darmstadt schon bekannt ist und inzwischen an vielen Orten in Deutschland praktiziert wird. Man trifft sich bei einem geringen Eintrittsgeld in einem großen Raum und singt nach einem vom Veranstalter aufgestellten Programm. Jeder darf so gut singen, wie er kann. Es gibt keine Probe und keine Aufführung wie in einem Chor, sondern jeder versucht gleich mitzusingen. Da viele Menschen singen - teils über tausend Personen - fallen Fehler Einzelner gar nicht auf. Es ergibt sich ein wunderbarer Klang und jeder wird aufgemuntert.

Das Aufmuntern liegt wohl daran, dass beim Singen in unserem Gehirn nachweisbar bestimmte Hormone ausgeschüttet werden. Außerdem wird beim Singen ja auch unser Lunge gefordert und der Kreislauf angeregt. Es scheint also so, als wäre Singen allmählich wieder "in". Allerdings würde ich wohl selten beim Rudelsingen mitmachen, denn es wird alles gesungen, vom Schlager bis zur Oper. Man kann zwar auch Wünsche anmelden, die dann aber erst beim nächsten Mal berücksichtig werden. Ich mag aber vor allem alte Kirchenlieder oder ältere Lieder aus christlichen Jugendgruppen. Auch dafür gab die Psychologin in der Radiosendung eine Erklärung: Kleinkinder singen alles und haben ihre Freude daran. Ältere Kinder singen aber am liebsten Liederarten, die denen entsprechen, die sie als Kleinkinder gelernt haben, und diese Vorlieben bleiben lebenslang bestehen. Also hat die Empfehlung unserer Bundeskanzlerin große Bedeutung: Wer seinen Kindern etwas Gutes tun will, der bewahre sie - vor allem in den ersten Lebensjahren - vor schlechten Liedern. Wenn sie damit aufwachsen, werden ihnen diese Lieder - und diese Liederart - lebenslang gefallen. Dazu gehört natürlich auch der Text!

Gustav Adolf Langenbruch