Monatsspruch April 2021

Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung. (Kolosser 1,15)

Liebe Leserin, lieber Leser,

in meiner Schulzeit schrieb ich begeistert alle "Namen" Jesu auf, die ich in der Bibel fand. "Christus = Messias" und "Gottes Sohn" kennt jedes Kind, damals auch "Heiland". Und "Christ, der Retter ist da" singen wir gern an Weihnachten. Auch "Spross" (Psalm 132,17; Sacharja 3,8) nahm ich auf in meine Sammlung. Wichtig war unseren geistlichen Vätern, dass in Jesus alle Hoffnungen auf einen Erlöser erfüllt sind. Wir brauchen auf keinen anderen zu warten. Wir brauchen keinem Glauben zu schenken, der ein Patentrezept hat, wie die Welt zu retten ist. Weil Christus der "Herr" ist, lehnten die Mitglieder der Bekennenden Kirche den "Führerkult" um Hitler ab.

Auch der Kolosserbrief nennt zwei wichtige "Namen: "Bild des unsichtbaren Gottes" und "Erstgeborener der ganzen Schöpfung."

Gott ist unsichtbar, er hat keine Gestalt, die man fotografieren, malen oder modellieren könnte. Deshalb sind alle Abbildungen von ihm falsch. Er sieht weder aus wie der Nikolaus noch wie die Sonne noch wie ein gleichseitiges Dreieck. Er sieht überhaupt nicht aus, denn er hat keinen Körper. Eigentlich ist das eine Binsenweisheit: Die Liebe sieht nicht aus wie ein Herzchen, die Deutsche Post nicht wie ein Posthorn und Hessen nicht wie ein Löwe. Das sind nur Symbole.

Aber Jesus war doch ein Mensch, angeblich gab es sogar ein zeitgenössisches Bild von ihm. Er hatte bestimmt keine Flügel, lange Ohren oder Flossen, sondern sah aus wie ein Mensch, insofern sind unsre künstlerischen Darstellungen nicht ganz falsch. Aber heute sieht er überhaupt nicht aus, denn er ist Geist wie Gott.

"Bild des unsichtbaren Gottes" weist zurück auf die Schöpfungsgeschichte: "Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde" (1. Mose 1,27). 1. Mose 5,3 heißt es: "Adam zeugte einen Sohn Seth, ihm gleich und nach seinem Bilde". Klar, Seth war ein Mensch und kein Nashorn und auch kein Auto. Lach nicht, denn auch wir versuchen uns in unseren "Schöpfungen" selbst zu verwirklichen. Schon in meiner Schulzeit, vor 65 Jahren, träumte man von menschenähnlichen Robotern und machte sich Sorgen, dass wir eines Tages ihnen dienen müssten statt sie uns. Das wäre eine Wiederholung des Sündenfalles: Adam hat sich von Gott unabhängig gemacht, Seth von Adam und die Technik macht sich vom Menschen unabhängig.

Adam war sozusagen die Alpha-Version des Gottesbildes, das dann von der Schlange getestet wurde und daraufhin in Serie gehen konnte, mit ein paar Mängeln und Fehlern, aber trotzdem gebrauchstüchtig und außergewöhnlich haltbar: Er wurde 930 Jahre alt. Aber Jesus, lesen wir im Kolosserbrief, war "der Erstgeborene der ganzen Schöpfung". Der Erstgeborene ist das erste Kind, das eine Frau zur Welt bringt, wenn es ein Junge ist. Er hatte in der Welt der Bibel eine besondere Würde und Heiligkeit.

Jetzt wirst du einwenden: "Aber der Mensch als Bild Gottes war doch nicht das erste, sondern das letzte Geschöpf; alles begann mit dem Licht und endete mit dem Menschen (1. Mose 1)." Richtig. Was der Kolosserbrief mit "Erstgeborenem" meint, würden wir heute bei menschlichen Schöpfungen einen Plan nennen. Lange bevor der Erfinder anfängt zu basteln, hat er eine Idee, und Gottes Idee war "Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei…". Johannes kleidet denselben Gedanken in ein anderes Bild: "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort… Und das Wort ward Fleisch", wurde Mensch in Jesus. (Johannes 1,1.14)

Jetzt könnte ich stundenlang weiterphilosophieren, welche "Namen" Jesus sonst noch hat, aber es geht doch nicht darum, wer Jesus an und für sich ist, sondern wer er für dich ist. Das ist wie mit meiner Frau: Sie hat zwei Vornamen, einen Geburtsnamen und einen Familiennamen: Ich aber nenne sie mit Kosenamen - die ich aus Gründen des Datenschutzes nicht verrate. So sind "Bild Gottes" und "Erstgeborener der Schöpfung" Kosenamen Jesu. Ich aber nenne ihn "Herr". Denn Er hat mir was zu sagen und ich höre auf ihn.

Herzliche Grüße und bleibt gesund,

Heinrich Tischner