Monatsspruch März 2020

Jesus Christus spricht: Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. (Markus 13,32+33)

Liebe Leserin, lieber Leser,

es klingt heute lächerlich, was vor der Jahrtausendwende passiert ist: In den alten Computersystemen waren die Jahreszahlen zweistellig angegeben: 31.12.99. Wenn jetzt aber die Ziffern umsprangen auf 01.01.00, müssten die Systeme verstehen "1900". Dann würde nichts mehr funktionieren, kein Wasser, kein Strom und nix. Wir haben vorsorglich Kerzen und Streichhölzer bereitgelegt und die Badewanne gefüllt. Für alle Fälle. Und? Die Erde drehte sich weiter. Heute sorgen wir uns mehr um das Klima. Die einen sind vorsichtig, schränken sich ein oder protestieren. Andere kümmern sich nicht drum und behaupten gar, das sei alles gelogen.

Weltuntergangsstimmungen hat's immer gegeben. Und Weltuntergänge auch. Ich habe einen großen überlebt, 1944/45, beim Kriegsende. Und viele kleine, persönliche. Jetzt bereite ich mich auf den nächsten vor: Wenn ich sterbe, geht für mich die Welt unter. Dann muss ich mich von allem lösen, was mir wichtig war. Sogar von mir selber. Mein Körper will nichts mehr mit mir zu tun haben. Er schmeißt mich raus und stellt seinen Betrieb ein. Schon jetzt ziehe ich Bilanz und grüble an meiner "Steuererklärung". Was bin ich schuldig geblieben, was schulde ich noch meinem Schöpfer? Was soll ich antworten, wenn er mich fragt?

Weltuntergangsstimmung gab's auch zur Zeit des Neuen Testaments. Im Buch der Offenbarung ist's ganz deutlich: Katastrophen häufen sich auf Katastrophen, aber nicht chaotisch, sondern wohl geordnet nach einem bestimmten Plan - den man aber beim oberflächlichen Lesen nur ahnt. Und wenn man sich näher damit beschäftigt, fragt man sich: Wie weit sind wir heute? War der Antichrist schon da oder kommt wer noch? Wie lange noch bis zur Schlacht von Harmagedon? Und wann kommt Christus wieder und mit ihm das Jüngste Gericht? Wenn ich's richtig verstehe, ist die Offenbarung kein fortlaufender Zeitplan, sondern da wiederholt sich vieles: Kriege, Seuchen und Katastrophen und Antichristen, die die Christen verfolgen. Und immer wieder ist man gespannt: Ist der Sieger auf dem weißen Pferd Christus? Anscheinend doch nicht.

Schon die Evangelien warnen vor Berechnungen des Weltuntergangs: Den Termin kennt noch nicht mal Christus, sondern nur Gott. Also haltet die Augen offen und erkennt, was die Stunde geschlagen hat.

Und jetzt verrate ich dir ein Geheimnis, aber bitte weitersagen: Ob Jesus morgen, in 1000 Jahren oder am St.-Nimmerleinstag wiederkommt, ist belanglos. Er ist ewig, d. h. zeitlos. Gott ist immer da und muss doch immer wieder neu kommen und Wirklichkeit werden, in dir und mir, in unsern Herzen, in unserm Leben, in unserm Lebensbereich. Wenn er in diesem Moment bloß "da ist", wird er im nächsten Moment von der Vergangenheit mitgerissen und weg ist er wieder. Wir erleben ihn im Strom der Zeit nicht als Fels in der Brandung, an dem wir vorbeitreiben, sondern als Wind, der uns allsfort um die Nase weht. Er ist immer da und kommt doch ständig neu. Und wenn er sich legt, ist trotzdem noch die Luft da, aus der er besteht und die als Fahrtenwind zu spüren ist, um im Bild vom "Strom der Zeit" zu bleiben. Und immer noch im Bild: Wenn ich sterbe, verlasse ich diesen Strom, "gehe zu Grunde", steige auf wie ein Ballon oder gehe an Land. Der Strom der Zeit fließt weiter, aber ohne mich. Aber Luft, Erde, Wasser sind immer noch da.

Christus kommt und ist doch immer da. Genauso auch das Jüngste Gericht. Da für mich mit dem Tod die Uhr stehen bleibt, kann es mir egal sein, ob ich beim Sterben in einem Schnellverfahren Rechenschaft geben oder erst den Weltuntergang abwarten muss. Und Verhör und Urteil jucken mich wenig, weil ich mir jetzt schon immer wieder peinliche Fragen gefallen lassen muss, vor meinem Gewissen. Selber dran schuld, denn ich versuche so zu leben, dass ich jederzeit vor Gott Rede und Antwort stehen kann. Er hat noch nie gesagt: "Braver Bubi, ich bin stolz auf dich", auch nicht "ich hab dich trotzdem lieb". Eher: "So mit Dreck und Speck kommst du mir nicht rein." Zieh dich aus und geh unter die Dusche, denn du kannst nichts mit hinübernehmen, Besitz und Beziehungen, Schulden und Verdienste, Aussehen, Ansehen und Einsehen - alles muss draußen bleiben, noch nicht mal deine Haut kannst du retten. Sogar dein Ich ist an der Pforte abzugeben. Gut, wenn du schon vorher geübt hast selbstlos zu sein und loszulassen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner